Tina Nord ist seit acht Jahren als Kommunikationswirtin und Marketing-Strategin in Berlin tätig. Seit Ende 2016 erforscht die Autorin und Sprecherin den Einfluss maschinellen Lernens auf Content und den E-Commerce. Auf ihrem Blog www.lernen-wie-maschinen.de berichtet sie von ihren Erfahrungen und erklärt grundlegende Begriffe rund um künstliche Intelligenz. Tina arbeitet aktuell als Head of Growth für das KI´getriebene Tech Unternehmen EyeEm.

Welche Trends haben Ihrer Meinung nach den E-Commerce im Jahr 2018 geprägt und werden 2019 entscheidend sein?

Wichtige Trends waren und sind die Personalisierung von Online-Shops und dialogorientierte Technologien. Beides basiert auf maschinellem Lernen. Eine Technologie, die auch im Jahr 2019 die Erwartungshaltung von Kunden beeinflussen wird. Nutzer möchten schneller relevante Inhalte und Produkte finden. Jedes E-Commerce Unternehmen sollte sich daher mit intelligenten, personalisierten Content und Marketing Strategien auseinandersetzen. Außerdem spielen authentische, primär visuelle Inhalte und Distributed Commerce eine große Rolle.

Sie waren für die Content Marketing Strategie von Zalando verantwortlich; wie kann Content Marketing Ihrer Meinung nach den Umsatz in einem Online-Shop steigern?

Content Marketing wird von Experten unterschiedlich interpretiert. Ich verstehe darunter die Kombination aus verschiedenen Disziplinen wie SEO, PR, Redaktion und Design, um relevante Inhalte für den Kunden auffindbar und navigierbar zu machen. Letztendlich geht es darum, gezielt Traffic auf eine Webseite zu lenken, um Nutzer zu informieren oder einen Kauf zu ermöglichen. Umsatzsteigernd wirken sich in der Regel holistische Content-Cluster aus, die alle Aspekte oder Fragen rund um ein Thema beleuchten. So kann der Kunde eine (selbst)bewusste Kaufentscheidung treffen und die Conversion-Rate geht nach oben. Außerdem lohnt es sich, frühzeitig Trends zu erkennen die das Kundenverhalten beeinflussen. Aktuell sind das vor allem innovative Technologien wie etwa Sprachassistenten.

Wie kann sich ein kleinerer E-Commerce Ihrer Meinung nach von großen Marken mit großen Budgets unterscheiden?

Eine mögliche Strategie ist es, eine Nische zu definieren. Das kann das Produkt selbst, eine innovative Technologie oder auch der besonders verlässliche Kundenservice sein. Außerdem ist es wichtig, in den Suchergebnissen oder auf Social Media Kanälen präsent zu sein. Eine kreative Idee oder gezielte Content-Kooperation kann schnell zu erhöhter Aufmerksamkeit führen. Wichtig ist natürlich, dass man seine Kunden und die Zielgruppe und deren Bedürfnisse oder Interessen gut kennt. Wer für seine Geschäftsidee brennt und andere mit dieser Leidenschaft anstecken kann, hat schon fast gewonnen.

Die Künstliche Intelligenz verändert viele Bereiche: Welche Veränderungen wird sie dem digitalen Marketing bringen?

Aktuell beeinflusst maschinelles Lernen (ML) zum Beispiel strategische Marketing-Kalkulationen, etwa beim automatisierten Lead Scoring oder der Aussteuerung von Anzeigen im Web. Im Content-Marketing spielen die automatisierte Textproduktion oder maschinelle Übersetzungen eine Rolle. Kunden begegnen ML in den personalisierten Suchergebnissen von Google oder bei der Interaktion mit Alexa Skills oder Google Actions. Die Technologie ist jedoch noch nicht fehlerfrei und erfordert nach wie vor menschliche Unterstützung. Chatbots sind beispielsweise nur selten in der Lage, intelligente Konversationen perfekt abzubilden. Eines der wenigen funktionierenden Beispiele ist der Customer Service Bot AliMe von Alibaba.

Mittelfristig wird sich das ändern und die Automatisierung durch ML wird das digitale Marketing nachhaltig verändern. Auf Nutzerseite wird sich die neue Bequemlichkeit, die ML ermöglicht, schnell durchsetzen. Wir können bereits jetzt beobachten, dass sich das Suchverhalten von Nutzern verändert. Neue Suchbegriffe wie “in meiner Nähe” oder “für mich” legen nahe, dass erwartet wird, dass Suchmaschinen individuelle Bedürfnisse verstehen und interpretieren können. Diese Erwartungshaltung wird sich bald auf E-Commerce Shops ausweiten.

Sie sind seit kurzem bei EyeEm als Head of Growth tätig, wie unterscheidet sich dieses Unternehmen von anderen und welche Rolle spielen Sie dabei?

EyeEm ist ein Tech-Unternehmen, welches die Begeisterung für Photographie mit maschinellem Lernen verbindet. Diese Kombination aus Datenwissenschaft, Programmieren und Kunst ist einzigartig und der Grund, warum ich mich mich für den Job dort entschieden habe. Mein Team und ich sind dafür verantwortlich, das Wachstum von EyeEm strategisch voranzutreiben.