Nach verschiedenen Stationen auf Agenturseite verantwortete Matthias Mehner (40) fünf Jahre beim Medienkonzern ProSiebenSat.1 das Social-Media-Marketing. Im Sommer 2017 wechselte Mehner zum weltmarktführenden Software-Dienstleister MessengerPeople, wo er sich mit dem Einsatz von Messengern und Chatbots für Unternehmen, Institutionen und Marken beschäftigt.

Matthias Mehner tritt als Keynote-Speaker und Redner auf diversen Konferenzen rund um die Themen Marketing, Social Media und digitale Transformation auf, ist Dozent an der Akademie der Neuen Medien (München) sowie Autor bei „Lead Digital“, wo er wöchentlich eine eigene Kolumne über Messenger-Marketing und Chatbots schreibt.

Welche Trends haben Ihrer Meinung nach den E-Commerce im Jahr 2018 geprägt und werden im Jahr 2019 entscheidend sein?

Individueller Service! „Weg von der Omni-Channel-Werbeflut hin zum personalisierten Einkaufsservice“ – so würde ich den großen Trend bezeichnen, der die E-Commerce-Branche 2018 bewegt hat. Statt auf allen Kanälen mit Werbung nach dem „Gießkannen“-Prinzip präsent zu sein, haben viele Online-Shops und -Händler in diesem Jahr das Potenzial der direkten Kundenansprache für sich entdeckt. Mit dem britischen Anbieter „Threads“ ist der erste Fashionmarktplatz gestartet, der seine Produkte – darunter Luxusmarken wie Fendi, Chopard oder Dior – ausschließlich über Messenger verkauft. Ganz ohne Onlineshop oder eigene App.

Angesichts der Vielzahl der Angebote und Anbieter ist es zunehmend weniger das Produkt oder der Preis – sondern vor allem der emotionale (Mehr-)Wert rund um eine Marke, die über den Verkaufserfolg entschieden. Nach Jahren voll von teilweise nerviger Bannerwerbung, Popups, Display-Ads und Spammails ist das Unverständnis für „falsches“ Marketing auf Kundenseite enorm gewachsen. Stattdessen wünschen sich die Kunden zunehmend Unterstützung bei ihrem Einkauf (von der Beratung bis zum After Sales) in Form von persönlicher Ansprache und Angeboten.

Für all dies sind WhatsApp, Apple Business Messenger, Facebook Messenger und Co. das ideale Medium. Insofern war 2018 nicht nur das Jahr der Personalisierung, sondern auch das Jahr, in dem der Siegeszug der Messenger Fahrt aufgenommen hat.

Daneben zeichnen sich für mich vier weitere Trends ab, die das E-Commerce in den kommenden Jahren prägen werden:

  1. Die flächendeckende Einführung von Mobile Payment: Apple, Google aber auch andere Anbieter arbeiten bereits mit Hochdruck an diesem Thema. Dadurch wird sich mittelfristig auch das Einkaufsverhalten der Kunden komplett aufs Smartphone verlagern – und Messengerkommunikation noch mehr an Bedeutung gewinnen.
  2. Mehr Flexibilität im Delivery Process. Marktführer Amazon macht es vor: Mit Abo-Modellen zur automatisierten Nachbestellung, Express-Lieferungen und „Pick-Up-in Store“-Modellen wird sich die

E-Commerce-Branche 2019 stärker als bislang beschäftigen müssen. Entsprechend wird auch die Vernetzung zwischen Online und stationärem Handel weiter zunehmen.

  1. Augmented Reality: Bereits heute erwarten Kunden mehr als klassische Produktfotos, wie wir sie etwa noch aus dem Otto-Katalog kannten. Die Zukunft der Produktwerbung ist 3D, bewegt, virtuell und interaktiv. Videos zeigen die Ware in Aktion – und veranschaulichen die Bedienung. Erste Formen von Augmented Reality können zeigen, wie etwa die neue Standlampe im heimischen Wohnzimmer aussehen wird – und werden dadurch das Einkaufserlebnis für den Kunden, aber auch die Konversion deutlich verbessern.
  2. Voice Guides: Mit Alexa, Siri und Co. haben Sprachassistenten schon lange den Einzug ins eigene Zuhause geschafft. Mit zunehmender Verbreitung und weiteren technischen Verbesserungen wird auch die Produktsuche immer öfter via Sprachsteuerung stattfinden. Dadurch wird sich nicht nur der Aufbau eines Shops oder Portals, sondern auch das gesamte Onlinemarketing verändern.

Wie kann die Umwandlung eines E-Commerce-Chat-Kanals durch Facebook Messenger, WhatsApp oder eine andere Messaging- Anwendung verbessert werden?

Die größten und erfolgreichsten unserer Messenger-Kunden wie Brille 24, Essence, Otto, Coco Panda oder myDealz kommen aus dem E-Commerce-Bereich. Das hat verschiedene Gründe – einer davon sind die sensationellen KPIs von WhatsApp und Co: Rund 90 Prozent aller über WhatsApp verschickten Nachrichten werden innerhalb von 15 Minuten gelesen. Über die Hälfte der Deutschen erlaubt der App sogar Push-Nachrichten auf den Sperrbildschirm. Und Klickraten von durchschnittlich 30 Prozent lassen E-Mail und Social Media-Marketing im direkten Vergleich relativ alt aussehen.

Dazu kommt: WhatsApp hat sich mittlerweile als Kanal No. 1 etabliert, wenn es darum geht, Neuigkeiten und spannende Deals mit Freunden zu teilen. Es gibt keinen anderen Kanal, der von den Kunden als persönlicher, direkter und wichtiger wahrgenommen wird. Dabei lassen sich Messenger nicht nur optimal einsetzen, um Aufmerksamkeit für Produkte oder Services zu generieren, auch direkter Abverkauf und After Sales können via Messenger erfolgreich verbessert werden.

Das Fashion-Portal Threads etwa sagt: „Durch Messenger haben wir die Möglichkeit, eine neue Art des Einkaufens anzubieten, eine, die hochgradig persönlich und interaktiv ist – ähnlich dem, was man erleben würde, wenn man in ein Kaufhaus gehen würde.“

Glauben Sie, dass Chatbots im E-Commerce eingesetzt werden und welche Empfehlungen würden Sie geben, um sie zu nutzen?

Bereits heute werden Chatbots im E-Commerce erfolgreich eingesetzt. Der Lebensmittel-Shop Allyouneedfresh.de etwa betreibt einen WhatsApp-Bestell-Bot: Kunden können ihre gewünschten Lebensmittel nennen – sogar Rezeptfotos schicken – und erhalten dann den Link zum gewünschten Warenkorb. Ebay hat bereits 2016 einen ShopBot ausgerollt, um die Conversion Rates und die Kundenzufriedenheit im Kaufprozess zu optimieren. Klarmobil.de hat auf eigene App verzichtet und setzt stattdessen auf den ChatBock namens „Elvis“.

Chatbots lassen sich sehr flexibel gestalten und eignen sich dadurch prinzipiell für alle Bereich der Customer Journey im E-Commerce. Das beginnt bei kleinen automatisierten Umfragen, um Bedürfnisse und Vorlieben der Kunden gezielt zu evaluieren, und geht über die Beantwortung von Standard-Fragen – etwa zu Lieferzeiten und -kosten (FAQ-Bot) – bis hin zu Gewinnspielen (Quizbot) und der Automatisierung von Kaufprozess oder Kundenservice.

Wichtig ist vor allem, dass man sich als E-Commerce-Unternehmen im Vorfeld klar darüber ist, wozu der Bot dienen und welchen Mehrwert er für den Kunden bieten soll. Möchte ich einen geführten oder freien Dialog anbieten? Über was sollte der Chatbot sprechen? Wie reagiere ich auf Fragen, die mein Chatbot nicht beantworten kann? Auch die Tonalität des Bots sollte zum Unternehmen passen. Die meisten Deutschen wünschen sich einen freundlichen, humorvollen Bot. Meiner Meinung nach sollte ein Chatbot so sprechen, wie es die User von dem betreffenden Unternehmen erwarten. Und natürlich sollte der Bot etwas Besonderes bieten, einen Special Service oder ein Feature, das über die Darstellung des Homepage-Menüs hinausgeht.

Wie wird der Kundenservice der Zukunft aussehen, welche Kanäle werden Ihrer Meinung nach dominieren?

Der Kundenservice der Zukunft ist persönlich, direkt und schnell. Und natürlich: hilfsbereit! In Zusammenarbeit mit YouGov haben wir vor Kurzem eine repräsentative Umfrage zum Thema Kundenservice unter rund 2.000 Bundesbürgern durchführen lassen: Dabei kam heraus, dass Kundenservice via Messenger über drei Mal mehr gefragt ist als über Social Media und doppelt so beliebt wie über Live-Chat auf einer Website.

Grundsätzlich wollen Kunden über WhatsApp und Co. am liebsten Termine vereinbaren, Informationen erhalten oder Reklamationen abwickeln. Messenger punkten besonders durch den Wegfall der Warteschleife und die Unabhängigkeit von Öffnungs- und Gesprächszeiten. Mit dem Einsatz von multimedialen Inhalten (Text, Bild, Video, Audio, Dateien) können zudem komplexe Sachverhalte oft besser vermittelt werden und so Probleme des Kunden schneller gelöst werden.

Inwiefern unterscheidet sich MessengerPeople von anderen Optionen zur Verwaltung der Kommunikation über Messaging-Kanäle?

Wir sind einer von wenigen Anbietern weltweit, die offiziell Apples Business Chat anbieten dürfen und gleichzeitig das Management von Messengern wie WhatsApp, dem Facebook Messenger oder

Telegram in einem Tool vereinfachen. Dieses Portfolio werden wir dieses Jahr sogar noch um einige weitere große Player erweitern.

Außerdem bieten wir unseren Kunden die nötige Rechtssicherheit und Verlässlichkeit, auch im Hinblick auf die Datenschutzgrundverordnung.

Wichtig für uns ist auch das Thema Service und Beratung – gerade weil das Thema Messenger- Kommunikation für viele Unternehmen noch neu und unbekannt ist. Sie schätzen an uns, dass es hier nicht nur eine innovative Software-Lösung gibt, sondern auch jemanden der den Markt, das Thema oder die besten Strategien erklärt. MessengerPeople eben…